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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 195

1911 - Erfurt : Keyser
— 195 — parentgemälden hatte schmücken lassen. Sie stellten die Schönheit, Weisheit und Stärke dar. Die Stärke verkörperte ein edler, kraft- voller Jüngling in römischer Rüstung, der aus einem Löwen sah und eine Säule von blauem Jaspis (Edelstein) in der Hand hielt. Einige Züge des Gesichtes waren Napoleon ähnlich. Aus dem dreieckigen Gielielselde leuchtete Frankreichs Adler hervor. Alle Linien des Gebäudes waren durch mehrere Tausend Lampen erleuchtet, deren Glanz den weilen Platz mit Tageshelle erleuchtete. Unter dem Dache prangte die Inschrift: Magnitudo illius stabilis, quem omnes supra se et pro se noscunt. In freier Uebersetzung: „Unerschütterlich ist die Größe desjenigen, den alle als ihren Herrn und Beschützer anerkennen." Neben dieser Inschrift gab es noch viele andere, welche Verehrung und Unterwürfigkeit in hochtönenden Worten zum Ausdruck brachten. Hin und wieder hatte es aber ein Ersurter Bürger auch gewagt, seinem Mißmut freien Lauf zu lassen. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einsall gehabt, ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach!" an seinem Hause anzubringen. Eine recht zweideutige Inschrift! Doch der Mann konnte auf eine Anfrage, die man an ihn richtete, die Versicherung geben, daß er durch diesen Ausrus nur seiner Freude über die Anwesenheit des Kaisers habe Ausdruck geben wollen, während er in seinem Innern vielleicht ganz anders dachte. Die Festbeleuchtung sollte nicht ohne einen kleinen Unfall vorübergehen, der leicht bedenklichen Umfang hätte annehmen können. Am Ratskeller auf dem Fischmarkt brannte der mit Lampen erhellte Namenszug des Kaisers ab. Die Flamme wurde zwar rasch gelöscht, sie hatte aber bereits den den Völkern Europas so furchtbaren Namen in Asche verwandelt. Dem Kaiser wurde dies ohne Zweifel verschwiegen; deun bei seiner abergläubischen Beanlagung würde er von dem Vorgänge höchst unangenehm berührt gewesen sein. Anwesende Fürstlichkeiten: Von diesem Tage an füllte sich Erfurt mit einer gewaltigen Zahl von Monarchen, Hofwür-denträgern, Ministern, Generalen und sonstigen vornehmen Personen. Im ganzen weilten damals in Erfurt: 2 Kaiser, 4 Kö- nige, 1 Königin, 1 Großfürst, 1 Fürst-Primas, 17 regierende Fürsten und Fürstinnen, 6 Erbprinzen und Erbprinzessinnen, 1 königlicher Prinz (von Preußen) und 23 andere Prinzen, 34 Grafen, 20 Generale und über 50 Barone und Edelleute, ungerechnet die zahlreichen täglich ab- und zuströmenden, vornehmen Fremden. Aus dem Gefolge des Herzogs von Weimar sind besonders hervorzuheben die Geheimräte von Goethe und Wieland. (Nach Arnold, Beyer u. a.) 13*

2. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 173

1902 - Karlsruhe : Lang
— 173 — Monaten wurden die Dreißig von Thrasybulus verjagt und die Verfassung des Solon wiederhergestellt. Aber Athen konnte sich nicht mehr zu seiner früheren Höhe erheben. In jener Zeit lebte zu Athen auch Sokrates, einer der besten Männer Griechenlands. Er sammelte eine Zahl von Jünglingen Akropolis. und gereisten Männern um sich, denen er Lehren der Weisheit und Tugend mitteilte. Er lehrte eine höhere, reinere Anschauung von Gott, als die des griechischen Heidentums war, und verlangte, daß man das Gute liebe und tue, weil es gut ist, und das Böse meide, weil es böse ist, ohne Rücksicht auf Lohn oder Strafe, daß man sich selbst beherrsche, einfach und mäßig lebe und seine Leidenschaften im Zaume halte, daß man den Gesetzen des Vaterlandes gehorsame aus Liebe zur Pflicht und aus Dankbarkeit gegen das Vaterland. Er selbjt gab von allen Tugenden das lebendige Beispiel. Neidische Menschen, die ihm sein großes Ansehen mißgönnten, verklagten ihn, er sei ein Verführer der gewogen, sondern nur gezählt werden, so wird sie zur Ochlokratie ^krrschast des großen Haufentz). Derjenige, welcher gewaltsam eine sreie Verfassung umstürzt und sich der Herrschaft bemächtigt, heißt Tyrann seine Herrschaft Tyrannis.

3. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 195

1902 - Karlsruhe : Lang
— 195 — t Heere eingeschlossen und gefangen. Im Jahre 1291 wurde Akkon, die letzte Stadt, welche die Christen noch besaßen, von den Türken erobert. Tie Hauptursache, warum das mit so vielem Blute Erkaufte so schnell wieder verloren ging, ist barin zu suchen, daß die in Palästina ansässig geworbenen Abenblänber die ursprüngliche Begeisterung balb gegen schnöbe Selbstsucht vertauschten, unter sich uneinig würden und zu den Fehlern der abendländischen Menschen auch noch die Gebrechen und Laster der Morgenländer annahmen. Wenn auch, sofern der Besitz der heiligen Stätten in Betracht kommt, die Kreuzzüge erfolglos geblieben sind, so haben sie doch in vieler Hinsicht segensreich sür das Abendland gewirkt. Die Begeisterung der ersten Zeit bewirkte eine Steigerung des religiösen Sinnes, drängte die kriegerische Roheit in gebührende Schranken, hob das Rittertum, regte die Dichtkunst an; der Verkehr in fremden Ländern erweiterte die Kenntnisse und weckte den Sinn für Knnst und wissenschaftliche Forschung. Durch die Kreuzzüge nahm auch der Handel einen besonderen Aufschwung, und damit stand das rasche Ausblühen der westeuropäischen Städte, insbesondere auch der deutschen Reichsstädte, in engem Zusammenhange. Vi. Die Entdeckungen. 1. Die alte Welt. Durch die Kreuzzüge waren die Bewohner des westlichen Europas mit Ländern und Bölkern bekannt geworden, von denen sie bisher nichts gewußt hatten. Obgleich die Heerfahrten in das Jjcorgenland aufhörten, dauerte der Handelsverkehr fort, und alljährlich fuhren unzählige Schiffe der italienischen Handelk-stadte, besonders, Genuas und Benebigs, nach den Seehäfen Kleinasiens und Ägyptens. Damals verbreitete sich im Abenb-lanbe die Nachricht, in Asien bestehe ein großes christliches Reich, das _non erneut Priester, namens Johannes, regiert werbe' und fürsten hofften, an biefem Priesterkönige einen Bnnbesgenosien gegen die Mohammebaner und einen Helfer zur Ausbreitung der christlichen Lehre unter den heibnifchen Völkern Zu sinden. Papst Innocenz Iv. schickte ans diesem Grunde (1246) einen Franziskanermönch nach Asien, der bis in die Mongolei vordrang, jedoch bn* Reich des Priesters Johannes nicht anf-sinben konnte. Im Jahre 1272 reifte der Venetianer Marco Polo nach Alten, gewann bte Gunst des Mongolenfürsten Kublai Khan und Zog mit ihm 26 Jahre herum, besuchte die Mongolei, Armenien, 13*

4. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 262

1902 - Karlsruhe : Lang
— 262 — Zeit verspottete. Über dieses Werk predigte ein Zeitgenosse Brants, Johannes Geiler von Kaysersberg, der in Schaffhausen geboren war und nach dem Tode seines Vaters von seinem Großvater in Kaysersberg erzogen wurde. Er war der berühmteste Prediger seiner Zeit, und Kaiser Maximilian versäumte es nie, ihn zu hören,^wenn er nach Straßburg kam. Johannes Geiler von Kaysersberg. Schließlich muß noch Jakob Wimpheling aus Schlettstadt (geb. 1450) erwähnt werden. Zu seiner Zeit blühte in Schlettstadt eine Gelehrtenschule, iu der zahlreiche Schüler aus dem Elsaß und dem übrigen Deutschland ihren Studien oblagen. Aus seinen Schristen leuchtet vor allem lauterste Liebe zum deutschen Vaterlande; den Franzosen, die schon damals das Liedlein vom Rhein als Grenzstrom zwischen Frankreich und Deutschland zu singen ansingen, war er ein unversöhnlicher Gegner. 2. Das Münster zu Straßburg und die Kathedrale zu Metz. Daß an Stelle des heutigen Straßburger Münsters ein römisches Gebäude gestanden habe, ist durch Ausgrabungen in

5. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 183

1902 - Karlsruhe : Lang
— 183 — werden muß." Die Römer hetzten die mit Rom verbündeten kleinen Könige in Nordafrika fortwährend auf, die Karthager zu kranken und ihnen Teile ihres Gebietes wegzunehmen. Wollten die Karthager sich wehren, fo hatten sie die Römer zu fürchten. In der Tat entstand hieraus der dritte punische Krieg. Ein römisches Heer wurde nach Afrika geschickt. Die Karthager baten um Frieden und Schonung. Man sagte ihnen die Gewährung zu, wenn sie alle ihre Schiffe, Kriegsmaschinen, Waffen und Kriegselefanten auslieferten. Sie taten dies; nun aber verlangten die Römer, Karthago müsse verlassen und niedergerissen werden, und die Bewohner müßten sich zehn römische Meilen von der Meeresküste ansiedeln. Diese Treulosigkeit feuerte den Mut der Karthager zum Verzweiflungskampfe an. Rastlos arbeiteten sie, Vornehme und Gemeine, an der Befestigung ihrer Stadt, an der Herstellung neuer Waffen und Kriegsmaschinen; was von Metall im Besitze der Einwohner war, auch Gold und Silber, wurde hierfür verwendet; edle Frauen schnitten sich das reiche Haar ab, damit Stränge sür Bogen und Wurf Maschinen daraus gefertigt würden. Zwei Jahre widerstand die Stadt den Angriffen der Römer. Endlich wurde sie durch Cornelius Scipio Ämilianus erstürmt und durch Brand zerstört. Siebzehn Tage wütete das Feuer. Die große Mehrzahl der Einwohner, die den Kamps überlebt hatten, fand ihr Ende in den Flammen. Nach weiteren fünfzig Jahren waren die Römer die Herren aller Länder an den Küsten des Mittelmeeres, Ägypten ausgenommen. 4. Bürgerliche Unruhen in Rom. Je weiter sich die Herrschaft Roms ausdehnte, je höher dadurch die Macht und der Reichtum der Stadt anwuchs, desto mehr entfernten sich die Römer von ihren alten, einfachen Sitten und von ihrer schlichten, patriotischen Tugend. Diejbrncfst nach Besitz und Genuß, nach Macht und Einfluß im Staate verdrängte die opferfreudige Hingabe ans Vaterland. Die Bevölkerung der Stadt Rom vermehrte sich in die Hunderttausende; Straßen und Plätze, besonders das Kapitol, die alte Burg der Stadt, ferner das Forum (Marktplatz) waren mit prächtigen Tempeln, Staatsgebäuden und Wohnhäusern geschmückt; die Reichen besaßen überdies noch Landhäuser mit prächtigen Gärten, angefüllt mit kostbaren Geräten und Bildwerken. Aber neben dem Glanze und dem Reichtum gab es auch Armut und Elend genug. Patriotisch gesinnte Männer beklagten den Verfall der Sitten und suchten durch Gesetze dem Verderben Einhalt zu tun und eine gerechtere Verteilung der irdischen Güter herbeizuführen. Der römische Staat besaß durch die vielen Eroberungen

6. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 215

1902 - Karlsruhe : Lang
— 215 Alles, was vom alten Frankreich noch übrig war, sollte vernichtet werden. Die alte Zeitrechnung wurde aufgehoben und eine neue begonnen mit dem 21. September 1792, als dem ersten Jahre der „einen ungeteilten Republik"; an die Stelle des christlichen Kalenders trat der republikanische, iu dem die einzelnen Tage nach Ackergeräten, Haustieren und Nutzpflanzen bezeichnet waren; die Kinder wurden mit römischen, griechischen, persischen Vornamen (Brutus, Aristides, Sadi) benannt. Die alten Münzen, Maße, Gewichte wurden durch ueue — in der Tat bessere — ersetzt. Die Kirchen wurden verwüstet und geschändet, endlich aus Betreiben des Pariser Gemeinderates die christliche Religion abgeschafft, der Gottesdienst untersagt und an die Stelle der Gottesverehrung die lächerliche Fratze einer Verehrung der Vernunft gesetzt. Das verderbliche Beispiel der Pariser, der Vernunft einen Tempel zu bauen, wirkte auch in anderen Städten des damaligen Frankreich nach. Mit großer Feierlichkeit wurde im November 1793 das Münster in Straßburg zum Vernunfttempel eingeweiht. Auch iu Colmar führte man die Verehrung der Göttin Vernunft ein. Die Feier fand da am Nikolaustage desselben Jahres in nachstehender Weise statt. Schon vier Wochen vorher richtete man die Martinskirche für die Festfeier her. Der Hauptaltar: die vier Seitenaltäre und die Kanzel wurden niedergerissen und in Stücke zerbrochen. Die großen Taussteine, die Weihwasserbecken, die Kirchenstühle und Bänke wurden fortgefchafft. Über dem Haupteingang der Kirche brachte man eine große, schwarze Tafel an, auf der mit goldenen Buchstaben geschrieben stand: „Temple de la raison. Tempel der Vernunft." Im Innern der Kirche hatte man an Stelle des weggeräumten Hochaltars ein hohes Gerüst ausgeschlagen, das einen Berg vorstellen sollte. Cben ans dem Gipfel loderte ein helles Fener. Das sollte den Verstand, der Berg das Erhabene der neuen Republik darstellen. Am Abhang des Berges standen die ans Holz gemalten Figuren der Freiheit und Gleichheit, der Tapserkeit und Industrie. Um den Tempel weiter auszuschmücken, flochten die Frauen Colmars Kränze ans Blumen. Unter solchen Vorbereitungen kam der Festtag heran. Hundert, nach anderen Angaben sogar fünfhundert junge Mädchen schmückten sich mit weißen Kleidern, trugen grüne Kronen auf dem Kopfe Sitten widersprach, benutzten feine Gegner und brachten ihn ans die Anklagebank. Vier Stunden lang wurde er ein der Guillotine aus dem Kleberplatze ausgestellt und vom Volke verhöhnt. Dann wurde» er nach Paris abgeführt. Monate lang schmachtete er im Kerker und büßte, nicht ganz 88 Jahre alt, am 1. April 1794 aus dem Schaffet feine schweren Verbrechen.

7. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 73

1906 - München : Oldenbourg
17. Der Bayernstamm im altdeutschen Schrifttum. 73 bürg, die wohl beide einem Geschlechte angehörten, wie es scheint, demselben, an dessen Hof auch Herger, der älteste uns bekannte Spruchdichter, gastfreundliche Aufnahme fand, und in den mannhafte Gesinnung atmenden Weisen des bayerischen Ritters Albrecht von Johannsdorf. Und wie schon „Minnesangs Frühling" auf bayerischem Bodeu manch herzerquickend^ Blüte getrieben, so erschloß sich auch die ganze Sommerpracht ritterlicher Liebesdichtung in der kurzen ersten Blütezeit des deutschen Schrifttums gerade im bayerisch-österreichischen Sprachgebiet zu herrlichster Entfaltung. Dem bayerisch-österreichischen Stamme gehörte wahrscheinlich schon von Geburt, sicher seinem Bildungsgauge nach der glänzendste Vertreter der gesamten Lieder-uud Spruchdichtung unseres Mittelalters an, der Sänger der süßen Minne wie der deutscheu Zucht und Sitte, der furchtlose Verfechter deutscher Kaiserherrlichkeit, der treue Mahner und Warner seines Volkes, Walter von der Vogel\veit)e. Wenn wir auch hier von einer eingehenden Würdigung dieses größten deutschen Lyrikers vor Goethe Abstand nehmen, da wir uns auf Bayern im engeren Sinne beschränken wollen, so bleibt uns doch noch derjenige unter den ritterlichen Dichtern unseres Volkes, der neben Walter der größte gewesen, Wolfram von Eschenbach. Im Grenzgebiet der Bayern und Ostfranken, zu Wildenberg (jetzt Wehlenberg) bei Gunzenhausen beheimatet, nach Eschenbach bei Ansbach benannt, rechnet sich Wolfram selbst den Bayern zu: Ein pris, den wir Beier tragen, muoz ich von Wäleisen sagen: di sint törscher denne beiersch her und doch bi manlicher wer. swer in den zwein landen wirr, gefuoge ein wunder an im birt. *) Wenn irgend etwas, müßte die schalkhafte Laune, die aus diesen Versen spricht, für die Zugehörigkeit Wolframs zu dem Stamme zeugen, dem er sich selbst zuzählt. Der unverwüstliche Humor, dies köstliche Erbteil der bayerischen Volksart, für deren Fähigkeit zu harmloser Selbstironisierung wir Goethes Wort in Anspruch nehmen möchten: „Wer sich nicht selbst zum besten haben kann, der ist gewiß nicht von den Besten", dieser goldene Humor war es denn auch, der dem wenig begüterten Ritter hinweghals über die Unzulänglichkeiten des Lebens, der ihn befähigte über die Schwächen anderer wie feiner selbst zu lachen, der ihn überall als den überlegenen Geist sich bewähren läßt, der über den Dingen steht, aber nicht kalt und teilnahmslos, sondern voll warmen Mitgefühls. Gerade die angeführte Probe gutmütiger Selbstverspottung, die einen so auffallenden Gegensatz zu dem naiven Selbstlob der Kasseler Glossen x) Ein Lob, das sonst mir Bayern tragen, Doch mannhaft, voller Kampfbegier. Muß ich von den Waleisen sagen: Ist einem von uns Witz verliehn, Die sind noch dümmer gar als wir, Der wird als Wunderkind beschrien. ($5. Hertz.)

8. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 74

1906 - München : Oldenbourg
74 17. Der Bayernstamm im altdeutschen Schrifttum. bildet, zeigt die Überlegenheit dieses größten dichterischen Vertreters des ganzen Bayernstammes am schlagendsten: was mißgünstige Nachbarn den Bayern nachsagen mochten, eine gewisse Unbeholsenheit im Auftreten, gerade das benutzt der Dichter um die Tapferkeit seines Stammes in Helles Licht zu rücken. Aber auch sonst vergoldet ihm die menschenfreundlich-heitere Grundstimmung seines Wesens das ganze Leben und verleiht seiner Darstellungsweise wie seiner Sprache einen eigenen Reiz, eine Frische, eine Ursprünglichkeit und Anschaulichkeit, durch die sie hoch über der gedaukenblasfen Ausdrucksweise anderer höfischer Dichter steht. Es kam Wolfram zugute, daß seine bayerische Heimat weit genug von Frankreich, der Wiege und dem Musterland höfischen Wesens, ablag um nicht so stark von dorther beeinflußt werden zu können wie das Rheinland und Alamannien. Mochten die Alamannen immerhin den Bayern vorwerfen, daß ihren Dichtungen der Stempel höfischer Vollkommenheit fehle, mochte Gottfried von Straßburg über den großen Ungenannten, der nur Wolfram sein kann, als über einen „vindsere wilder msere, der msere wildersere“1) den Stab brechen: wir freuen uns, daß sich Wolfram gerade die Eigenschaft unverkümmert erhielt, die auch heute noch das beste Erbteil des bayerisch-österreichischen Stammes in seiner Unverbranchtheit ist, naturfrische Ursprüuglichkeit. Bon ihr beseelt und durchdrungen verzichtet Wolfram gern auf erkünstelten Ernst und erzwungene Würde, von ihr geleitet tritt er herzhaft an die Dinge heran, sieht und schildert er sie, wie sie sind: je bezeichnender der Ausdruck, je anschaulicher das Bild, desto lieber ist es ihm. Wohl streift er dabei gelegentlich die Grenze des ästhetisch Zulässigen, ja er überschreitet sie auch ab und zu, aber immer ist es frisch Pulsierendes Leben, das er uns bietet, nichts Totes, Erstarrtes, nichts Ausgeklügeltes, nur Erdachtes. Aber derselbe Dichter, der so trefflich zu schildern versteht, er haftet nicht an der Außenseite der Diuge; derselbe Meusch, der so herzlich lachen kann, ist auch des tiefsten Ernstes fähig. Schon die Wahl des Stoffes zu seinem Hauptwerk Parzival, mehr noch dessen Ausführung zeigt, daß Wolfram eine religiöse Natur im besten Sinne des Wortes, d. h. ein Mensch durchdrungen vom Walten einer höheren Macht, aber frei von jeder ungesunden Welt- und Lebensflucht und fern von jeder kaltherzigen Verfolgungssucht war. Auch darin scheint uns der liebenswürdige Dichter ein echter Sohn des Bayernstammes zu sein, der sich durch die Jahrhunderte feiner Geschichte in menschlich-schöner Weise freigehalten hat von jeder Art von Zelotismus, aber stets ein tiefes Bedürfnis bekundete zu feinem Gott in einem herzlichen Verhältnis zu stehen. Darum konnte auch Wolfram die vielfach äußerlichen Geschehnisse seiner Vorlage in tiefere innere Beziehung zueinander setzen, das Ganze aus der Fülle seines Innenlebens bereichern und ihm eine Seele einflößen, so daß Wilhelm Scherer ihm gar wohl nachrühmen durste: „Ein fchriftnnknndiger „Ein Erfinder befremdlicher Abenteuer, ein Geschichtenjäger.

9. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 226

1906 - München : Oldenbourg
226 42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I. schwedischen Hauptmann und Historiographen Hippolitns a Lapide von 1640, wiewohl er, fern von dessen Leidenschaftlichkeit, das deutsche Königtum nicht zur Ohnmacht herabgedrückt und nicht die habsburgische Dynastie, sondern die fremden Nationen vom deutschen Boden verdrängt sehen will. Wie sehr doch, trotz aller Verstimmungen, besonders seit seiner zweiten Heirat die Neigung zu Habsburg überwog, lehrt uns sein Testament von 1641, worin er seinem Sohne empfahl besonders mit dem löblichen Hause Österreich gute Freundschaft zu halten. In allen Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten möge er zum Kaiser nicht nur als seinem Oberhaupte sondern auch als nächstem Vetter seine Zuflucht nehmen, nicht anders wie zu seinem Herrn Vater. Daß Maximilian die französischen Forderungen zum Schaden des Reiches beim Friedenskongresse unterstützte, geschah weit mehr in der klaren Einsicht, daß ohne dieses Opser der Friede nie erzielt würde, als in selbstsüchtigem Interesse. Durch die entsetzlichen Leiden des Krieges gebeugt und vom Kaiser selbst bedroht hat er freilich gegen das Ende des furchtbaren Kampfes Frankreich schutzsleheud und unterwürfig umworben, aber auch damals seine Pflicht gegen Kaiser und Reich sich vorbehalten und eben durch diese Gewissenhaftigkeit selbst nicht am wenigsten zum Scheitern seines französischen Bundesplanes beigetragen. Über ein Jahrzehnt aber brachte kein deutscher Fürst größere Opser um die Fortschritte der Franzosen aufzuhalten und ihre Forderungen unmöglich zu machen. Der Kaiser hat am Rhein seine eigenen Lande, Maximilian hat dort aufopfernd das Reich verteidigt. Seine Persönlichkeit hinterläßt der geschichtlichen Betrachtung nichts Zweifelhaftes oder Unerklärtes. Der religiöse Glaube ist an erster Stelle das Prinzip, aus dem sein Tun und Lassen entspringt. Aus ihm beruht sein strenges Pflichtgefühl und die imponierende Selbstzucht, mit der er seine Leidenschaften gebändigt, ja die Sinnlichkeit nach Jesuitenmuster ertötet hat. Auf ihm beruht seine Arbeitsamkeit, die unablässige Sorge für alles, was nach seiner Anschauung sein und seiner Untertanen Seelenheil befördern kann, die stets opferwillige Freigebigkeit für kirchliche Zwecke. Auf ihm beruhen im Grunde auch die wichtigsten Handlungen seiner äußeren Politik, nur daß hier die Wirklichkeit der starren Durchführung des Prinzips noch engere Schranken setzt als im Innern und daß die Verbindung von nüchternem Verstände und festem Willen, die ihn auszeichnet, ihn in der Politik säst stets nur das Erreichbare, dieses aber mit äußerster Konsequenz und Ausdauer anstreben läßt. Auf diesem Gebiete ist er, dank seinen natürlichen Anlagen, fast immer besonnen und überlegt, umsichtig und maßvoll. Wo er hier Fehler begeht, liegt die Schuld daran, daß er in dem gehobenen Machtgefühle des Siegers feiner natürlichen konfessionellen Neigung freien Lauf läßt. Doch die Politik hat ihr eigenes Leben — so weit erstreckt sich die Macht seiner religiösen Gesinnung nicht, daß sie aus seiner Staatskunst alle der christlichen Moral widersprechenden Mittel verbannt, daß sie ihm verwehrt hätte Gegner oder auch

10. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 229

1906 - München : Oldenbourg
42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I. 229 Bureaukrat, tätig im kleinsten! Seine häufigen Randglossen zu den eingelaufenen Berichten und Konzepten erinnern in ihrer Prägnanz und Derbheit zuweilen an die Art Friedrichs des Großen. „Den Regensburgern werden die Hosen zittern," schrieb er auf den Bericht, worin Aldringen das Anrücken einer spanischen Kompagnie gegen Schärding meldet. „Wollt' nur gern wissen, wer der Sprachmeister, so täglich was Neues aufbringt!" — „Man muß uit zweimal schreiben, was zu rechter Zeit auf einmal geschehen kann." — „Ist ein großer Unterschied zwischen dem Blei und Papier" (ans Anlaß eines nicht ernsthaft geführten Krieges). Von den Äpfeln der Freia hatte er nicht gegeffen. Einen „lieben, herzigen Mann" nennt ihn zwar die Erzherzogin Cäcilie Renata und deren Schwester Maria Anna (noch ehe sie ahnen kann, daß es sich um ihren künftigen Gemahl handle) erklärt das Urteil, daß Maximilian nie lache und böse aussehe, als unzutreffend. Indessen scheint unbestreitbar, daß schon in dem Jüngling etwas Griesgrämiges lag. „Etlichermaßen melancholici humoris" schildert ihn sein Rat Jocher 1619. In den Akten begegnet man hänsig mürrischen Randbemerkungen von seiner Hand: „An wemb lanth das Schreiben? Man kanns nit schmöckhen!" „Es ist zum Erbarmen, daß so wenig Hirn in so dicken Köpfen!" u. a. ähnlicher Art. Als dann gar, vereint mit dem Alter, Leiden und Mißerfolge des Krieges auf ihn einstürmten, bekamen Beamte und Generale die Bitterkeit seiner Gemütsstimmung oft schwer zu empfinden, wenn auch sein christliches Pflichtgefühl zu gut geschult war, als daß eine Aufwallung der Laune ihn leicht zu übereilten oder ungerechten Handlungen hingerissen hätte. Seine Intelligenz war von jener Art, die aufs engste mit Fleiß und Arbeit zusammenhängt. Der Bann des zeitgenössischen kirchlichen Aberglaubens, deu doch viele geschichtlich hervorragende Geister schon durchbrachen, hielt ihn fest umfangen. Nicht neue, fchöpferifche Gedanken zeichneten ihn ans, aber ein klarer und durchdringender Verstand, soweit dieser nicht durch die Art seiner religiösen Erziehung in Fesseln geschlagen war, eine vollständige Beherrschung des Tatsächlichen in den Geschäften. Jede Regierungshandlung wurde vorher auf das sorgfältigste überlegt und nach allen Seiten geprüft. Kein Fürst war in seinem Entschlüsse selbständiger — feiner hat die Ansichten und Ratschläge seiner Umgebung und Beamten in ausgedehnterem Umfang eingeholt und aufmerksamer gewürdigt. In der Ausführung einer so wohl vorbereiteten Sache machte sich dann die unerschütterliche Festigkeit seines Willens geltend. Zn der weichen, bestimmbaren, schwankenden Natur seines kaiserlichen Ahnherrn Ludwig bildet er den ausgeprägten Gegensatz. Frei von dem kleinlichen Ehrgeiz, der daraus ausgeht bewundert und beneidet zu werdeu, war er voll von dem hohen, seinen Willen und seine Zwecke durchzusetzen. Dieser Fürst sängt nichts an, was er nicht ausführt, urteilt ein Zeitgenosse.
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